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das blaue Ungeheuer  

Das Blaue Ungeheuer - oder wie ein Scheißhaus zum Albtraum wurde

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Die unglaubliche Geschichte begann im Regensommer 2017. Es regnete seit Wochen ununterbrochen. Ich hatte einfach die Nase voll von Regen und Matsch und buchte unseren Winterurlaub 2018. Seit Jahren fliege ich im Winter eine gute Woche auf die isla bonita, also auf die Insel La Palma, welche zu den Kanaren gehört. Da ich aber mitten im deutschen Behelfs-Sommer absolut keine Lust verspürte im Winter eine Woche allein über Vulkanasche zu latschen buchte ich erstmals nicht Flug und Bett für mich allein sonder 14 Tage pauschal für meine Frau und mich. Die Sache mit der Pauschale sollte sich im Verlaufe dieser Geschichte noch als wichtig erweisen denn wie in den Jahren zuvor wollte ich mit Air Berlin in Richtung Santa Cruz de La Palma starten.
 
Einige Monate und gefühlte zehntausendtausend Liter Regen sowie einer Unzahl an Beratungen später entschloss ich mich, einen zwanzig Jahre alten, grün gestylten Sanitärcontainer aufbessern zu lassen. Der originale Hersteller in den Niederlanden war mit der Idee einverstanden, den alten Container ins Werk zu bringen, das alte Teil zu pimpen und mit einer zusätzlichen Wand zurück auf meinen Campingplatz zu bringen.
 
Im November 2017 fuhr ich in die Niederländische Provinz Overijssel, um die Details für die Aufarbeitung der Container abzustimmen. Der Hersteller machte mir den Vorschlag, für einen geringen Aufpreis!!!, den alten Container nicht aufzuarbeiten, sondern durch einen neuen zu ersetzen und den alten zu verkaufen. Ein solventer Käufer wäre vorhanden, alles kein Problem! Ich fragte meine Bank, die da meinte Geld wäre auch kein Problem und nach einer schlaflosen Nacht stimmte ich dem Deal zu, zumal ich gerade eine gute Nachricht erhalten hatte.
 
Air Berlin war pleite! Was war daran gut? Ganz einfach, dank Pauschalurlaub war ich nicht wie geplant auf Air Berlin ab Tegel, sondern auf NICKI AIR, ebenfalls ab Tegel gebucht. Also alles im grünen Bereich, wir fliegen im Winter in den Urlaub und tauschen zuvor die Container.
 
Die Weihnachtszeit nahte, die alten Sanitäreinrichtungen waren abgenabelt und standen, von Wasser, Gas und Strom befreit, zur Abholung bereit. Und NICKI AIR war ebenfalls pleite! Aber ich hatte ja wieder Glück. Pauschal bedeutet, der Reiseveranstalter muss das Problem klären. Also cool bleiben und abwarten. Urlaub war vom 14. - 27. Februar geplant, eine Woche zuvor werden die alten Container abgeholt und am 6. März kommt der Neue. Die Planung passt, alles im Lot. Oder eben auch nicht!
 
Der Reiseveranstalter meldet: Neuer Flug! Jetzt mit Condor! 14. bis 27. Februar, gleiche Flugzeit mit nur einer kleinen Änderung. Statt Berlin Tegel Hannover Langenhagen! Mist! 8:00 Uhr ab Hannover bedeutet einen Abend vorher anreisen und bei der Rückkunft erst am nächsten Morgen nach Hause fahren. Jeweils eine Hotelnacht zusätzlich und erst am 28.Februar wieder zu Hause. Das wäre nicht wirklich dramatisch gewesen, wenn es nicht zeitgleich eine neue Information von der Spedition gegeben hätte, welche die Container abholen sollte. Auf Grund der längeren Transportgenehmigungsphase werden die Container erst am 28. Februar abgeholt. Laden auf dem Campingplatz um 13:00 Uhr, Abfahrt mit Polizeibegleitung um 22:00 Uhr. Okay… 13:00 Uhr, das sollte man schaffen, auch von Hannover. Alles kein Problem.
 
Wir fahren also nach Hannover und heben am 14. Februar pünktlich ab. Der Urlaub ist toll und wie immer viel zu kurz. Das Wetter auf La Palma ist fantastisch und eigentlich viel zu gut für den kanarischen Winter und tatsächlich. Ich höre die Wettervorhersage für den letzte Urlaubstag und ahne Schlimmes. Da ich schon seit Jahren auf die westlichste Kanaren-Insel fliege weiß ich, dass der Flughafen bei starkem Nordwestwind problematisch ist, die Vorhersage sprach jedoch von Sturm. Folgerichtig rief die Inselregierung zuerst die Warnstufe Orange, und am Abflugtag die Warnstufe rot aus. Aber es nutzte ja nichts, das Zimmer musste geräumt und der Mietwagen abgegeben werden. Also wuchteten wir bei strömendem Regen die Koffer ins Auto und fuhren über die einzig noch nicht gesperrte Straße bei Sintflut und Sturm zum Flughafen. Die Mietwagen gibt man zum Glück in der trockenen Tiefgarage zurück und zwei Stockwerke höher wurde fleißig eingecheckt. Nach Stuttgart, Glasgow, Madrid, Berlin, Oslo und Hannover. Draußen tobte der Sturm, im Terminal drängten sich die Fluggäste. Gegen 13:00 Uhr traute sich die einzige, sich noch auf dem Flughafen befindende Iberia-Maschine den Start in Richtung Madrid zu wagen. Die Boing schaukelte sich wie ein flugunfähiger Pinguin nach oben, verschwand dann aber tatsächlich über dem Meer in Richtung Regenwolken.
 
Kein einziges Flugzeug war mehr auf dem Rollfeld, aber 1200 Passagierte warteten in der Halle. Der Start der Iberia Maschine war gerade noch so möglich gewesen, aber landen? Unmöglich! Bei Fall- und Scherenwinden von über 100 Km/h war an eine Landung nicht zu denken. Mir war völlig klar, dass auf dem Aeropuerto an diesem Nachmittag nichts mehr gehen würde. Oder doch? Gegen 16:00 Uhr tauchte zwischen den grauen Wolken eine schaukelnde 7-5-7 auf. Die Boing flog noch einen kurzen Moment in Richtung Landebahn, drehte dann aber in 400 m Höhe ab, um wieder im Regen zu verschwinden. Ein abgebrochener Landeanflug! Ich hatte mich also doch nicht geirrt. Leider! Oder doch nicht? Plötzlich wurde es unruhig im Terminal. Die Fluggäste des Berlinfluges wurden aufgerufen und zum Gate Nummer vier gebeten. Ich schaute zum Flugsteig, zum Himmel und zum Windsack auf dem Flugfeld. Die Start- und Landebahn war komplett überflutet und der Windsack stand quer und starr wie eingefroren. Hier fliegt heute nix! Hier fahren maximal Busse! Ich schlenderte zum Berlin-Gate, schaute mir die teils erwartungsfrohen, teils ängstlichen Leute an und konnte mir den Spruch nicht verkneifen, dass die Passagiere nicht zum Bording anstanden sondern zum Einsteigen in Busse. Ich erntete ein paar hämische, typisch Berliner Kommentare, bis im selben Moment der erste Bus vorfuhr. Ich grinste und ging zurück zur Wartegruppe Hannover.
 
Nach und nach änderte sich auf der großen Anzeigetafel die Farbe. Stand gut drei Stunden lang hinter den meisten Flügen noch ein blaues deleted, wechselten die Schriftzüge nun auf das rote canceled! Einzug der Condor-Flug nach Hannover blieb verspätet und so harrten wir der Dinge die da kommen würden, während die Passagiere aller anderen Flüge auf die Hotels der Insel aufgeteilt wurden. Die Betten waren ja leer, die Flieger mit den neuen Gästen waren alle nach Teneriffa umgeleitet worden.
 
Gegen 18:00 Uhr gab es Verpflegungsgutscheine und um 20:00 Uhr wurde auch der Condor-Flug gecancelt. Mein Ladetermin für die Sanitärcontainer auf dem heimischen Campingplatz schien mir gerade ein wenig zu entgleiten, aber kein Problem denn, um 22:00 Uhr gab es Decken und Kuschelkissen. Wir durften auf den handwerklich hervorragend gebauten Holzbänken des Flughafens übernachten. Bis zur Abholung der Sanitärcontainer waren noch 15 Stunden Zeit, dazwischen lagen nur noch eine Nacht, ein Sturm, der Atlantik, halb Europa und Hannover! Aber das wird schon, es gibt immer eine Lösung. Die Lösung bahnte sich um 4:00 Uhr morgens an. Allgemeines Wecken, Kofferausgabe und ab zum Bus. Waschen, Zähneputzen oder Wäschewechsel werden im Allgemeinen ohnehin überbewertet und wie man sah oder eben auch roch ging es auch ohne. Die Busse verfrachteten uns zum Hafen von Santa Cruz, von wo aus uns die Fred Olsen Schnellfähren nach Los Cristianos auf Teneriffa bringen sollte. Das Schiff war ein riesiger Trimaran welcher alle 1200 gestrandeten Passagiere sowie eine größere Anzahl LKW in seinem Rumpf aufnehmen konnte und mit der gesamten Fracht bei Windstärke 12 über die Wellen des Atlanktik flog. UN-GLAUB-LICH! Pure Kraft und seemännisches Können.
 
Bei einigen Passagieren hingegen pures Magenversagen und eine komplette Entleerung desselbigen. Nach einer Stunde dann endlich Land in Sicht. Der Hafen lag windgeschützt hinter einem hohen Berg und genau diesen Berg am Hafen von Los Cristianos gibt es überhaupt nicht! Mir wurde schlagartig klar, dass wir nicht nach Teneriffa gefahren waren. Ich ging zum Bug und sah das Schild: "Bienvenido en La Gomera". Mist! Diese Insel war für uns völlig unbrauchbar. Sie hat überhaupt keinen Flughafen! Aber sie hatte Gäste, welche am Vortag nicht nach Teneriffa gekommen waren und jetzt zusammen mit uns übergesetzt wurden.
 
Im stürmischen Los Cristianos angekommen kämpften wir uns durch sintflutartigen Starkregen in die bereitstehenden Busse. 1200 Menschen benötigen etwa 25 große Reisebusse, welche alle direkt nach dem Einsteigen zeitgleich in Richtung Flughafen aufbrachen. Nach zwanzig Minuten Fahrt, vorbei an sturmgepeitschten Palmen und überschwemmtem Brachland, spuckten uns die Busse direkt am Terminal des Aeropuerto de Tenerife Sur aus. Erneuter Check in, erneute Zollabfertigung, erneutes warten auf den Abflug. Der Start ist für 9:00 Uhr geplant, die Ankunft in Hannover für 13:00 Uhr, zeitgleich mit dem Verladetermin der Sanitärcontainer. Aber der Flughafen ist völlig überlastet, das boarding wird immer wieder verschoben. Ich nutze die Zeit und rufe auf dem Campingplatz an. Alles ist vorbereitet. Der Boden dank deutschem Dauerfrost hart gefroren, die Tieflader werden keine Probleme haben, zumal die Spedition zwei Tage zuvor bereits mit einem Spion vor Ort war und alles ausgemessen hat. Den Weg, die Einfahrt, die Container. Nichts kann schief gehen und endlich wird der Flug aufgerufen.
 
Zwanzig Minuten später ist die Crew abflugbereit, aber dann meldet sich der Flugkapitän: "Werte Fluggäste, leider können wir nicht starten, uns fehlen noch sieben Passagiere und der Sturm nimmt auch wieder zu." Also erneutes warten. Dann, weitere vierzig Minuten später meldet sich der Pilot erneut: "Werte Fluggäste, wir haben und hatten alle Fluggäste an Bord. Die Flughafenabfertigung hat sich schlicht verzählt. Wir werden in Kürze VER-SU-CHEN zu starten. Er sagte wirklich versuchen!
 
Um Punkt 11:00 Uhr spanischer Zeit heben wir ab, eine Stunde vor dem Ladetermin auf dem Campingplatz. 16:00 Uhr deutscher Zeit Hannover. Wir landen bei eiskalten 15 Grad, zwei Tage zuvor waren wir noch bei 19 Grad Wassertemperatur im Atlantik schwimmen. Aber jetzt, war es kalt und ich musste telefonieren. Die Container müssten ja zwischenzeitlich verladen und abfahrbereit in der Einfahrt des Campingplatzes stehen. Ich rief also an, hörte und staunte. Die Container standen noch immer auf dem Campingplatz und der Tieflader war wieder leer davongefahren! Was war passiert? Entgegen der Absprache und ohne Beachtung der Informationen des eigens zum Ausmessen geschickten Spions, hatte die Spedition ein falsches Fahrzeuge geschickt. Aber nicht nur das. Die Idee war, zwei kurze Tieflader mit bordeigenem Ladekran zu schicken, um die enge Kurve der Campingeinfahrt zu meistern, außerdem sollte eine 4 m breite Ladetraverse mitgebracht werden, welche am Kran hängend, die Breite der Container überbrücken konnte. Die Spedition kam jedoch mit nur einem einzigen, 13 m langen Tieflader an. Der passte natürlich nicht durch die enge Einfahrt. Kurzerhand musste die Schrankenanlage demontiert und zwei Heckenpflanzen auf Erdbodenhöhe eingekürzt werden. Mit viel Geschick manövrierte der Fahrer im Anschluss daran den langen Zug rückwärts über den gefrorenen Boden bis zum Standort der alten Container aber nur, um dort festzustellen, dass er keine Traverse an Bord hatte. Nach mehreren Telefonaten dann die Lösung: der Speditions-Junior-Chef bringt die Traverse per Transporter. Aus Frankfurt Oder! Also mussten alle warten während ich in der Condor-Maschine über das spanische Festland geflogen wurde. Gut zwei Stunden später traf dann die Traverse ein, wurde montiert und ohne weitere Probleme schwebten die beiden Container auf den Tieflader. Eigentlich wäre der Transport zu diesem Zeitpunkt abfahrbereit gewesen wenn, ja wenn der Junior-Chef nicht auf die Idee gekommen wäre die Fracht noch einmal nachzumessen. Der Container, und damit der Transport hatte eine Breite von 3,80 m. Aber die Sondergenehmigung galt nur bis 3,60 m! Falsch beantragt vom Käufer! Was nun? Telefonate mit Polizei und Autobahnbehörde führten zu dem Ergebnis, dass es eine Erweiterung der Genehmigung geben würde, aber nur für Mecklenburg-Vorpommern, nicht für Brandenburg.
 
Die Container konnten also nicht abtransportiert werden, wurden daher wieder abgeladen und auf unsere neu angelegte und frisch angesäte Stellfläche abgestellt. Als wir dann am späten Abend endlich auf dem Campingplatz eintrafen begrüßten mich meine alten Container und zwei nackte Fundamente: Bereit, um knapp eine Woche später, am 6.März, die neuen Sanitäranlagen aufzunehmen.
 
Am Montag danach, am 5.März dann der kurzfristige Bescheid aus den Niederlanden. Die Container werden nicht wie geplant am Abend auf die Reise geschickt sondern erst spät in der Nacht. Der Transport soll, begleitet von einem Sicherungsfahrzeug aber ohne Polizei um 8:00 Uhr am nächsten Morgen auf dem Campingplatz eintreffen. Als Laie fragt man sich da natürlich, warum kann eine holländische Spedition mit nur einem Begleitfahrzeug quer durch Deutschland fahren während ein deutsches Unternehmen eine Polizeieskorte benötigt. Aber das war erst einmal egal, viel interessanter war, dass das Wetter umschlug. Der 6.März sollte der erste warme Tag werden was bedeutete, dass der Boden oberflächlich auftauen würde, was wiederum zur Folge hätte, dass durch das Befahren des Weges mit einem LKW eine tiefe Schlammspur entstehen würde. Aber nicht schon um 8:00 Uhr, so früh am Morgen sollte der Weg noch gefroren sein, es bestand alsso noch Hoffnung.
 
6. März 7:00 Uhr, ein kurzes Telefonat mit den Monteuren des Herstellers: Alles klar, wir werden rechtzeitig um 8:00 Uhr da sein. Die Zeit ist ran und pünktlich auf die Minute rollt ein Transporter mit gelbem Nummernschild die Einfahrt herunter. Zwei Monteure steigen aus und zeigen stolz auf ihre Armbanduhren: "Akkurat oder?" "Ja", sage ich, "aber wo sind die Tieflader?" "Unterwegs, aber Mittag sind sie hier." Ich glaubte meinen Ohren nicht zu trauen. Zur Mittagszeit wird der Weg komplett aufgetaut sein! De LKW werden im Matsch versinken!
 
Gegen 13:00 Uhr tauchten ein oranges Sicherungsfahrzeug und der erste Tieflader mit blauen Containern in der Einfahrt auf. Der zweite LKW war vorsorglich im Dorf geblieben, um erst einmal nur mit einem Fahrzeug den Platz zu befahren und die Container auf den vorbereiteten Fundamenten zu platzieren. Der Fahrer des Spezialtransportes schickte das Begleitfahrzeug zurück nach Holland und machte sich daran, den Weg und den Abladeort zu inspizieren. Wir hatten zwischenzeitlich den aufgeweichten Weg mit einem Spezial-Textil ausgelegt, um das zu tiefe Einsinken des Tiefladers zu verhindern. Aber das alleine genügte dem Fahrer nicht. Die sturmerprobten stabilen Windschutze am Wegesrand waren ihm zu hoch, die müssten eingekürzt werden denn sonst könnte der 3,80 Meter breite Transport den Weg nicht passieren. Wir kappten die Pfähle und es fing an zu schneien.
 
Die holländischen Monteure dirigierten den Transport zentimetergenau durch die Engstelle und wir stellten fest, dass der Transportanhänger so hoch war, dass wir die Windschutzpfähle gar nicht hätten absägen brauchen. Aber uns blieb keine Zeit, um darüber großartig nachzudenken denn das nächste Problem wartete bereits auf eine kreative Lösung. Der große Baum neben dem Fundament war zu hoch und verhinderte das Abladen des neuen Containers. Beim Verladen der alten Container durch eine deutsche Spedition hatte er nicht gestört, aber was blieb uns übrig. Der Container musste abgeladen und auf den Fundamenten platziert werden. Der Baum musste geopfert werden! Der Schnee ging in Regen über und ich setzte meine Brille ab, um überhaupt noch etwas sehen zu können. Durch die Kraft der Kettensäge fiel die Erle schmatzend auf die aufgeweichte Wiese, die stärken Äste bohrten sich in den Boden, die anderen Äste zerfleischten die im Herbst frisch angelegten Stellflächen. Seit dieser Minute der Erdgeschichte fehlen mir ein Baum und meine gute Brille. Sie ist seit diesem Moment nie wieder aufgetaucht.
 
Aber jetzt konnte wenigstens entladen werden. Der Container wurde an den Haken gehängt und das nächste Problem meldete sich. Der Bordkran war zu klein! Die Hebekraft reichte gerade noch aus, um den Container 10 cm anzuheben und direkt neben den LKW zu stellen. Das genaue platzieren und ausrichten auf den 3 Meter entfernten Fundamenten war absolut nicht möglich! Mit dem Ladekran am Kraftanschlag bugsierte der Fahrer den Container neben seinen Tieflader und fuhr im Anschluss ins Dorf, um den zweiten Container zu holen.
 
Der zweite Container kam, übrigens mit seinen 3,80 m Breite ohne Begleitfahrzeug, eine Stunde später auf den Platz gerollt. In der Stunde hatte es ununterbrochen geregnet und der Weg war völlig aufgeweicht. Eine tiefe Spur ziehend bewegte sich der Transport langsam rückwärts zum Abladeort. Während ich am Telefon hing, um einen großen Kran zu organisieren wurde der zweite Container mit dem bordeigenen Verladekran am Kraftanschlag vom Tieflader gehievt.
 
Meine Telefonorgie endete positiv, ich hatte Glück und bekam für den nächsten Morgen einen Kran, um die auf der Wiese vor den Wohnwagen abgestellt Sanitärcontainer dann auf den vorgesehen Fundamenten platzieren zu können. Punkt 7:00 Uhr am nächsten Tag rollte ein riesiger 35 Tonnen Kran die Einfahrt herunter, fuhr rückwärts zur Baustelle und hängte sich den ersten Container wie ein kleines Spielzeugmodell an seinen riesigen Haken. Auch der zweite Container schwebte mühelos auf das Fundament. Die holländischen Monteure, welche ja unfreiwillig über Nacht geblieben waren, richteten die Container aus und bereits nach einer guten Stunde fuhr der Kran wieder vom Hof. Der Baum, welcher am Vortag fallen musste, hätte im Übrigen nicht gestört und war somit zu einem sinnlosen und tragischen Bauopfer geworden.
 
Beim genauen Ausrichten und Montieren der Querverbindungen zwischen den beiden Containern riss noch jeweils eine Glasscheibe in den Außentüren, außerdem hatten die Monteure die Wasserhähne für die Geschirrspüle vergessen. "Kein Problem", meinten sie. "Wir kommen ja ohnehin zur Inbetriebnahme noch einmal her, da bringen wir dann alles mit." Noch vor dem Mittag fuhren die beiden vom Hof, nicht ohne uns anzukündigen, dass am nächsten Tag, am Freitag, eine andere Firma kommen wird, um das Kunststoffdach zu montieren.
 
Am Freitag warteten wir dann Stunden auf die Firma zur Dachmontage. Endlich, gegen 11:00 Uhr kam ein Monteur. Der Mann war extra aus den Niederlanden angereist, um das Dach zu montieren. Er war die halbe Nacht durchgefahren, um pünktlich an der angegebenen Adresse zu sein. Leider handelte es sich dabei jedoch um die Adresse des Importeurs in Rostock! Somit stand der Mann am frühen Morgen mitten in einem Rostocker Gewerbegebiet. Nach einem Telefonat mit seinem Disponenten war das Missverständnis aufgeklärt und er hatte sich wieder in sein Auto gesetzt und war weiter gefahren, allerdings nur, um in Schwerin den Montageort zu suchen, von Alt Schwerin hatte ihm niemand etwas gesagt! Aber nun war er ja schließlich da, um endlich loszulegen. "Wo ist die Bausstelle? Wo ist mein Dach?" Wir sahen ihn staunend an: "Wir haben kein Dach! Das bringt ihr doch mit!" Es stellte sich heraus, dass die Teile für das komplette Dach noch beim Hersteller in Berlin lagen. Er kam dann auf die Idee, sich hier in einer Kleinstadt einen großen Anhänger zu mieten, um damit nach Berlin zu fahren und die Teile zu holen. Aber es war bereits Freitagmittag und für so eine Nummer war es schlicht zu spät. Irgendwie bekam sein Disponent es dann aber hin, dass eine Berliner Spedition das Dach per Express anlieferte und so konnte der arme Mann das Dach noch vor Einbruch der Dunkelheit montieren. Vor ihm lag danach nur noch die Fahrt zurück nach Holland.
 
In den nächsten Tagen und Wochen schlossen wir Strom, Gas, Wasser- und Abwasser an den neuen Container an. Der Käufer der alten Container und wir warteten derweil auf die Sondergenehmigung für den Abtransport. Während wir schon mit den Außenarbeiten beschäftigt waren, installierte der Heizungsbauer die Warmwasseraufbereitung. Allerdings versenkte er dabei die Schrauben für die Therme so tief in der Wand, dass sie in der Dusche zwei Zentimeter heraus guckten.
 
Nachdem alle wichtigen Arbeiten abgeschlossen waren reisten die holländischen Monteure zur Inbetriebnahme an. Sie brachten die fehlenden Wasserhähne mit, von denen leider einer defekt war. Und sie brachten die Glasscheiben für die Türen mit, leider in der falschen Größe! Somit hatten die Türen noch etwa vier Wochen lang einen Riss und wir warten auch noch immer auf den Abtransport der alten Container.
 
Dem Käufer und der Spedition war es Mitte April tatsächlich gelungen eine Transportgenehmigung zu bekommen, allerdings begleitete die brandenburgische Polizei wegen der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung in Berlin bis zum 29. April keine Transporte mehr und wir hatten ja gelernt, deutsche Speditionen benötigen eine Polizeieskorte. Danach war dann allerdings schon Ostern und somit verhinderte das LKW-Fahrverbot an Wochenenden sowie an Feiertagen den nächsten möglichen Transporttermin.
 
Am Freitag, den 4. Mai war es dann endlich soweit. Die brandenburgische Spedition kam, um die alten Container abzuholen. Die Verladung verlief problemlos, die Mannschaft hatte es ja bereits einmal geübt. Die Ausfahrt vom Campingplatz allerdings verzögerte sich. Der Fahrer des langen Transportfahrzeuges war mit der hintersten Achse an der Schranke hängen geblieben. Also musste der Aufnahmepfahl für die Schranke samt Betonfundament ausgegraben und zwei Büsche eingekürzt werden. Nach drei Stunden Arbeit stand der Transport endlich fahrbereit in der Einfahrt. Durch die vergeudete Zeit mit dem Schrankenfundament war jetzt allerdings die Lenkzeit des LKW-Fahrers überschritten und wir mussten bis nach Mitternacht eine Zwangspause einlegen. Gegen 1:00 Uhr in der Nacht kam die Polizeieskorte und kurz darauf verließ der Transport unser Gelände.
 
Am nächsten Morgen, am Samstag, sollte unser neuer Container den letzten Schliff bekommen. Die alte Kunststoff-Rückwand, welche die beiden Container miteinander verband, war durch eine neue ersetzt worden und wartete jetzt nur noch auf ihre schmückende Fotofolie. Ein tolles Foto sollte der Hingucker werden, aber der Designer rief um 9:00 Uhr an: er hatte sich die Hand gebrochen. Der neue blaue Sanitärcontainer musste somit noch zwei Monate ohne diesen letzten Schick auskommen. Zum Saisonende 2018 aber war dann alles fertig.
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